biotechlerncenter
biotechlerncenter

Personalisierte Medizin

Wie ist es möglich, dass zwei Menschen mit der gleichen Krankheit unterschiedlich auf die Behandlung mit demselben Medikament reagieren? Die Antwort liegt in den Genen.

3. Präzisere Diagnosen

Experten erhoffen sich von der Pharmakogenomik aber nicht nur optimalere Therapien, sondern auch präzisere Diagnosen. Zum Beispiel bei Krebs, wo es etwa 250 verschiedene Arten gibt: Brustkrebs, Darmkrebs, Prostatakrebs usw. Herauszufinden, an welchem Krebstyp ein Patient leidet, kann unter Umständen schwierig sein, da sich die Symptome einzelner Krebsarten ähneln können. Zudem kann ein und derselbe Krebstyp bei zwei verschiedenen Patienten zu unterschiedlichen Symptomen führen. Eine ideale Behandlung kann aber erst erfolgen, wenn der Arzt genau weiss, mit welchem Krebstyp er es zu tun hat.

Gentests oder Genexpressionstests können hier weiterhelfen. Der Arzt kann mit diesem Hilfsmittel rasch und einfach herausfinden, um welchen Krebstyp es sich handelt, welche Gene aktiv sind und im Idealfall sogar, in welchem Stadium der Krebs sich befindet. Ist er noch im Anfangsstadium oder metastasiert er bereits, verteilt sich also im Körper? Aufgrund dieser Daten kann er seine Behandlung wählen.

Es gibt mittlerweile einige Beispiele für Medikamente aus dem Bereich der Pharmakogenomik (siehe Kasten unten), allerdings nicht so viele, wie man sich noch vor einigen Jahren erhofft hatte. Das hängt damit zusammen, dass die Wissenschaft zwar voranschreitet und mit ihr auch das Wissen über die genetischen Ursachen verschiedener Krankheiten. Der Weg allerdings ist mühsam, denn bei den allermeisten Volkskrankheiten sind mehrere Faktoren für die Entstehung verantwortlich. Bei vielen Krebsarten sind die Gene zum Beispiel nur zu 20 bis 30 Prozent für die Entstehung verantwortlich. Entsprechend komplex ist die Entwicklung eines entsprechenden Medikaments.

Einige Beispiele von Medikamenten aus dem Bereich Pharmakogenomik

Darmkrebs

Forschende haben herausgefunden, dass bei etwa 40 Prozent aller Patienten, die an Dickdarmkrebs leiden, ein bestimmtes Gen mutiert ist (das Proto-Onkogen KRAS). Bei Patienten mit einer KRAS-Mutation ist eine Therapie mit dem Antikörper Cetuximab wirkungslos. Das hat dazu geführt, dass heute nur noch diejenigen Krebspatienten mit dem Wirkstoff behandelt werden, die auch tatsächlich eine Chance haben, davon zu profitieren. Unnötige Behandlungskosten fallen weg.

Brustkrebs

Gut ein Viertel aller Brustkrebspatientinnen produziert aufgrund eines Gendefekts in Krebszellen das Protein HER2 im Übermass. Die Folge: HER2-positive Patientinnen leiden an einer besonders bösartigen Form von Brustkrebs. Das Krebsmittel Herceptin erkennt das Protein HER2 auf der Oberfläche von Krebszellen und stoppt sie.

Speziell an der Herceptin-Behandlung ist, dass vor der Behandlung ein Test durchgeführt wird, bei dem bestimmt wird, ob die Patientin am HER2-Gendefekt leidet oder nicht.

Aids

Bis zu zehn Prozent der Patienten, die das Medikament Abacavir gegen Aids einnahmen, hatten zum Teil schwere Nebenwirkungen. Dann fanden Forschende heraus, dass bei diesen Patienten ein bestimmtes Gen verändert ist (das Gen HLA-B5701). Heute wird bei Patienten zuvor getestet, ob sie das veränderte Gen tragen oder nicht. Dadurch sank die Rate der unerwünschten Nebenwirkungen bei diesem Medikament und das wiederum half mit, das Vertrauen von Patienten und Ärzten in das Medikament zu stärken.

Quelle: U.S. Food and Drug Administration

Gene und Gedächtnis

Gene können nicht nur einen Einfluss darauf haben, ob eine bestimmte Person ein Medikament verträgt oder nicht, sondern auch darauf, wie gut oder schlecht eine Person sich etwas merken kann, also auf die Gedächtnisleistung.

Hier gibt es interessante Studien, unter anderem von Schweizer Forscherinnen und Forschern. Personen mussten sich 20 Begriffe merken und wurden später nach diesen abgefragt. Die Personen wurden aufgrund der Ergebnisse in Gruppen mit «guten» und

«schlechten» Gedächtnisleistungen unterteilt und Forschende untersuchten danach das Erbgut der Personen. Sie fanden, dass es unter ihnen genetische Unterschiede gibt. Der Grund für die «gute» oder «schlechte» Gedächtnisleistung liegt zum Teil also in den Genen.

Das bedeutet jedoch nicht, dass nun die eine Gruppe dümmer ist als die andere. Es bedeutet für die Personen, die in diesem Test schlecht abgeschnitten haben, dass sie sich vielleicht besser an etwas erinnern können, wenn sie es nicht einfach auswendig lernen, sondern sich mehr auf visuelles Lernen konzentrieren oder auf eine andere Lernform.

Und wer weiss: Vielleicht gibt es in Zukunft Medikamente, die der Gedächtnisleistung dieser Personen auf die Sprünge helfen. Was würden Sie davon halten?