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Genetisch veränderte Tiere

Maus, Zebrafisch, Fruchtfliege und Fadenwurm – alles Tiere, die als Modellorganismen genutzt werden. Modellorganismen sind gentechnisch veränderte Tiere, die helfen, mehr über Krankheiten zu erfahren und Therapien zu testen.

«Warum sollte man in das Erbgut von Tieren eingreifen, um damit Versuche durchzuführen? Die spinnen, die Forscher.» Lesen Sie hier, welche bahnbrechenden Entdeckungen ohne die Hilfe von gentechnisch veränderten Tieren nicht möglich gewesen wären.

2. Was zeichnet ein Tier aus, damit es zum Modellorganismus erkoren wird?

Was zeichnet ein Tier aus, damit es zum Modellorganismus erkoren wird?

  • Es muss im Labor gut leben und sich vermehren können. Es darf dabei nicht zu viel Platz einnehmen und darf betreffend Ernährung und Umwelteinflüssen nicht zu anspruchsvoll sein.
  • Die Forschung muss bereits auch ohne Gentechnik schon einiges über dieses Tier erfahren haben.
  • Es muss sich möglichst rasch und mit vielen Nachkommen vermehren, damit ein Experiment nicht zu lange dauert.
  • Man muss es gut gentechnisch verändern können.

Es ist wohl klar, dass ein Elefant diese Kriterien nicht erfüllt: Mit seinen fünf Tonnen, Nahrungsbedarf von 100 Kilogramm und rund 22 Monaten Tragezeit dürfte es schwierig sein, mit einem Elefanten zu experimentieren. Anders bei einer Maus: Ihre Tragezeit beträgt rund 3 Wochen und sie wiegt nur etwa 35 Gramm. Es ist daher logisch, dass sich die Forschenden eher auf kleine Lebewesen geeinigt haben. Zu den wichtigsten Labormodellen der modernen biologischen Forschung gehören:

Der Fadenwurm (Caenorhabditis elegans) [1 mm lang]

Der im Boden lebende Fadenwurm Caenorhabditis elegans ist rund einen Millimeter lang und lebt nur etwa 20 Tage. Die kurze Entwicklungszeit und die geringe Anzahl von Körperzellen (der Wurm besteht aus 959 Zellen (adulter Hermaphrodit)) tragen wesentlich zur Beliebtheit dieses Modellorganismus bei. Zudem verfügt der Wurm über ein Nervensystem und ist durchsichtig, daher lassen sich einzelne Zellen und Körperorgane am lebenden Tier unter dem Mikroskop beobachten.

Die Fruchtfliege (Drosophila melanogaster) [3 mm gross]

Die Fruchtfliege Drosophila ist seit fast 100 Jahren gewissermassen das «Haustier des Genetikers»: Die Fliegen sind klein, lassen sich einfach züchten, sie entwickeln sich in 10 Tagen vom Ei zur Fliege und vermehren sich rasant. Wurden sie anfangs zur Entdeckung der Regeln der Vererbung benutzt, dienten sie in den letzten 40 Jahren vor allem dem Studium einer zentralen Frage in der Biologie: «Wie entsteht aus einer einzigen Eizelle ein vollständiger Organismus?». Über Gendefekte, die zu Störungen in der Entwicklung führen, lassen sich die Gene finden, die diese Prozesse steuern. Durch die Entzifferung des Erbguts der Fliege und des Menschen wurde deutlich: Sehr ähnliche Gene steuern bei Fliege und Mensch die Entwicklung.

Elektronenmikroskop-Aufnahme von Drosophila melanogaster.

Der Zebrafisch (Danio rerio) [4 cm lang]

Warum haben Forschende sich für Zebrafische entschieden? Sie sind leicht und in grosser Zahl zu halten und sie vermehren sich rasch. Da sie sich schnell entwickeln, zeigen sich die Veränderungen ihres Erbguts innerhalb kurzer Zeit. Bereits ein Tag nach der Befruchtung sind alle wesentlichen Organe angelegt und die Larve schlüpft zwei Tage später. Zudem sind die Nachkommen weitgehend durchsichtig, so dass die verschiedenen Entwicklungsstufen ohne grösseren Aufwand beobachtet werden können. Zebrafische haben zudem besondere Regenerationsfähigkeiten: Falls ein Teil des Herzens beschädigt wird, kann es wieder nachwachsen. Alle Wirbeltiere, einschliesslich des Menschen, haben viele Gemeinsamkeiten, so dass im Zebrafisch gewonnene Erkenntnisse oft auf den Menschen übertragen werden können.

Die Maus (Mus musculus) [10 cm lang]

Die typischen weissen Mäuse, auch Labormäuse genannt, sind mit der Hausmaus verwandt. Der Körper ist 7 bis 11 cm lang, hinzu kommt eine Schwanzlänge von 7 bis 10 cm. Labormäuse werden zwischen 30 und 45 Gramm schwer. Sie haben bis zu acht Mal jährlich drei bis acht Mäusekinder. Nach vier bis sechs Wochen sind sie geschlechtsreif und leben rund zwei Jahre. Eine Maus kann also bis zu 150 Nachkommen haben. Deshalb sind Mäuse ideale Labortiere. Die Mus musculus wurde für Forschungszwecke in verschiedenen Stämmen gezüchtet, mit jeweils unterschiedlichen Eigenschaften: So eignet sich der Stamm «NMRI» für verhaltensbiologische Tests, andere Stämme neigen zu früher Tumor-Bildung und werden daher in der Krebsforschung eingesetzt, und an wieder anderen Stämmen können zum Beispiel Medikamente gegen epileptische Anfälle erprobt werden.

Je näher ein Lebewesen mit einem anderen verwandt ist, desto besser lassen sich Ergebnisse aus Untersuchungen übertragen. So können neue Erkenntnisse aus Mausexperimenten eher auf Menschen übertragen werden als aus Versuchen mit Fliegen. Schliesslich sind Menschen und Mäuse beides Säugetiere und bis zu 99 Prozent aller Mausgene findet man in ähnlicher Form auch beim Menschen.

Am wertvollsten sind Tiermodelle, wenn sie für die Erforschung von Krankheiten des Menschen dienen. Die folgende Tabelle zeigt, dass für verschiedene schwere Krankheiten Tiermodelle in unterschiedlichen Modellorganismen bestehen, weil Modellorganismen und Menschen oft dieselben Gene haben.

Tabelle 10.2 Krankheitsmodelle in Modellorganismen
Quelle: Science (2004) 287, 2204-2215 und OMIM

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