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Biopharmazeutika herstellen

Um Biopharmazeutika herzustellen, braucht es nicht nur Bioreaktoren und Fermenter, sondern auch Forscherinnen und Forscher, die an den richtigen Einstellungen tüfteln. Jede noch so kleine Veränderung hat einen Einfluss auf das am Ende hergestellte Biopharmazeutikum.

Ob man für vier Leute kocht oder für vier Millionen, ist ein gewaltiger Unterschied. Genauso geht es Forscherinnen und Forschern, die ein Medikament in Form eines Proteins im grossen Stil herstellen möchten.

2. Biopharmazeutika in vier Schritten herstellen

Die meisten Biopharmazeutika werden heute in Kulturen von Mikroorganismen (z. B. Bakterien oder Hefepilzen) oder in Säugetierzellen (z. B. Chinesische Hamsterzellen) hergestellt. Strukturell einfach aufgebaute Proteine können in Bakterien produziert werden. Bakterien verfügen aber nicht über alle nötigen Hilfsmittel, um komplexere Proteine herzustellen. Viele menschliche Proteine können daher nicht von Bakterien produziert werden. Hier helfen nur Säugetierzellen weiter. Sie können Proteine zum Beispiel mit Zuckerresten versehen, was viele menschliche Proteine benötigen, um aktiv zu sein. Die Produktion mit Hilfe von Säugetierzellen hat aber auch einen Nachteil: Säugetierzellen zu vermehren ist eine heikle Aufgabe. Diese Zellen sind schwieriger zu züchten, weil sie sensibler auf äussere Einflüsse reagieren (z. B. Temperaturveränderungen).

Die Produktion von Biopharmazeutika umfasst folgende Schritte:

Anzucht

Zellen werden zunächst in kleinen Bioreaktoren (Fermentern) in Nährlösung vermehrt (siehe Grafik 3.1). Die Dauer der Vermehrung hängt vom Wachstumszyklus der Zellen ab. E. coli-Zellen teilen sich alle 20 Minuten. Innerhalb von 24 Stunden können so aus einer einzelnen Zelle unter idealen Voraussetzungen 4,7 x 1021 Nachfolger entstehen. Säugetierzellen teilen sich jedoch im Durchschnitt nur einmal alle 24 Stunden.

Grafik 3.1: Bioreaktoren: Raum zum Leben und Schaffen für Mikroben
© Roche

Fermentation

Während dieser Phase findet die eigentliche Wirkstoffproduktion statt. Die Zellen werden bei diesem Schritt mehrmals in grössere Fermenter umgeschüttet. Je grösser die Fermenter, umso schwieriger wird es allerdings, überall innerhalb des Tanks die gleichen Bedingungen zu erreichen (siehe Grafik 3.2).

Grafik 3.2 Produktion von Biopharmazeutika mit Hilfe von Fermentern
© Roche

Aufreinigung

Nach der Produktion muss das gewünschte Protein vom übrigen Zellmaterial und der Nährlösung getrennt werden. Im einfachsten Fall wird das Protein in die Nährlösung ausgeschieden. Dann wird es mittels Zentrifugation oder Filtration vom Rest getrennt und gereinigt. Für den Fall, dass das Protein in der Zelle verbleibt, wird die Zellwand aufgebrochen, bevor mit der Reinigung begonnen wird.

Die Ausbeute biotechnisch hergestellter Arzneimittel ist im Allgemeinen gering: In Fermentern von bis zu 15’000 Liter Volumen entstehen meist nur einige Kilogramm des Wirkstoffs. Produktion und Reinigung von Biopharmazeutika benötigen mehrere Wochen. Dazu kommen weitere Wochen, in denen die Sicherheit des Wirkstoffes überprüft wird. Für die Zulassung durch die Behörden ist eine Reinheit von 99,9 Prozent notwendig.

Formulierung

In den letzten Schritten wird das Biopharmazeutikum in eine stabile Form gebracht (z.B. durch Lyophilisation (Gefriertrocknung) oder als Infusionslösung), abgepackt und für den Transport vorbereitet.

Jede Anlage ist einzigartig

Jede Grossanlage zur Produktion von Biopharmazeutika ist beinahe einzigartig. Forschende tüfteln lange, bis sie für das entsprechende Biopharmazeutikum die richtigen Einstellungen gefunden haben. Jegliche Veränderung des Produktionsflusses hat einen Einfluss auf die am Ende hergestellte Menge. So macht es etwa einen Unterschied, womit die Säugetierzellen gefüttert werden. Der Prozess ist das Produkt, lautet das Motto.

Forschende bei der Kontrolle eines Fermentationstanks.
© Roche
Produktion des Brustkrebsmedikaments Herceptin: Fermentation von Chinesischen Hamsterzellen in einem 120-Liter-Tank.
© Roche