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Impfen: Selbstverteidigung für das Immunsystem

Das Prinzip des Impfens macht sich die Mechanismen der natürlichen Immunabwehr zunutze. Impfungen sind ein grosser medizinischer Erfolg. Heute eröffnet die Biotechnologie neue Perspektiven, um innovative Impfstoffe zu entwickeln und zukunftsweisende Impfstrategien erfolgreich umzusetzen.

1. Was ist ein Impfstoff?

Das Prinzip des Impfens ist so einfach wie einleuchtend. Ein Impfstoff (auch Vakzin genannt) hilft dem menschlichen Immunsystem, damit es auf den Angriff bestimmter Erreger wie Viren, Bakterien oder anderer Mikroorganismen besser vorbereitet ist. Vergleichbar ist das mit einem Selbstverteidigungskurs: Wer auf den Angriff eines Gegners vorbereitet und entsprechend trainiert ist, wird bei einem allfälligen Angriff nicht überrascht sein und richtig reagieren.

Täglich ist unser Immunsystem unzähligen Erregern ausgesetzt. Überall lauern winzige Mikroben: an Türklinken, auf der Computertastatur, in der Nahrung, beim Händeschütteln. Ohne Schutzmechanismen könnten diese Winzlinge rasch in unseren Körper eindringen und eventuell Krankheiten auslösen.

Die allermeisten Eindringlinge werden bei gesunden Menschen aber abgeblockt, denn der menschliche Körper hat verschiedenartige Schutzmechanismen aufgebaut. Eine erste Hürde sind Haut und Schleimhäute. Die Nase und die Lunge sind zum Beispiel mit Schleimhäuten ausgekleidet, auf denen Mikroorganismen haften bleiben. Dann werden sie unschädlich gemacht und ausgehustet.

Trotzdem schaffen es immer wieder Erreger, diesen ersten Schutzwall zu durchbrechen, etwa bei offenen Wunden oder wenn der betroffene Mensch geschwächt ist (z.B. Patienten nach einer Organtransplantation oder einer speziellen Krebstherapie). Nun kommt das Immunsystem zum Zug.

Eine wichtige Eigenschaft des Immunsystems besteht darin, dass es erkennen kann, welche Moleküle zum eigenen Körper gehören und welche fremd sind. Das geschieht, indem die körpereigenen Zellen auf ihrer Oberfläche ein Protein namens MHC besitzen (MHC steht für Major Histocompatibility Complex). Das MHC-Protein ist vergleichbar mit einem Mitgliederausweis: Das Immunsystem erkennt auf diese Weise, dass eine bestimmte Zelle zum selben Körper gehört und lässt sie in Ruhe.

Das Immunsystem ist kein Organ im klassischen Sinne, es ist vielmehr ein Netzwerk verschiedener Akteure. Dazu gehören Lymphgefässe und Lymphknoten, Knochenmark, Milz und Thymusdrüse sowie verschiedene Blutzellen (Grafik 11.1):

  • Makrophagen sind Fresszellen. Sie heften sich an den Erreger, schliessen ihn in sich ein und verdauen ihn (dieser Vorgang heisst Phagozytose). Sie sind überall im Körper und reagieren umgehend, wenn sie einen Eindringling aufspüren können. Ähnlich funktionieren auch Granulozyten, eine bestimmte Gruppe der weissen Blutzellen. Auch sie sind darauf spezialisiert, Erreger zu entdecken und zu verdauen. Täglich produziert der Körper rund 100 Millionen Granulozyten.
Eine Filmsequenz zeigt, wie sich ein Makrophage Bakterien einverleibt.
  • T-Zellen heissen so, weil sie, nachdem sie im Knochenmark entstanden sind, in der Thymusdrüse hinter dem Brustbein ausreifen. Sie sind ein wichtiger Bestandteil des Immunsystems und können nur jeweils einen Krankheitserreger anhand einer bestimmten Oberflächenstruktur (Antigen) erkennen. Nach einer erfolgreichen Abwehrreaktion bleiben einige spezialisierte T-Zellen als Erinnerungszellen über längere Zeit erhalten (immunologisches Gedächtnis).
  • B-Zellen sind unter anderem für die Produktion von Antikörpern zuständig. Antikörper können sich sehr spezifisch an ein Antigen auf der Oberfläche eines Erregers heften. Dadurch ist dieser Erreger markiert und wird in der Folge von anderen Abwehrzellen, zum Beispiel von Makrophagen, erkannt und zerstört.
Grafik 11.1: Akteure der Immunabwehr: Macrophagen, T-Zellen und Antikörper