7. Refine: Die Belastung der Tiere vermindern
Als drittes Gebot fordert Refine (Verfeinern), dass die Tiere so wenig wie möglich belastet werden. Als Refinement werden alle Massnahmen bezeichnet, die vor, während und nach einem Tierversuch helfen, die Belastung der Tiere (Schmerzen und Leiden) zu mindern. Für das Refinement sprechen nicht nur tierschützerische Gründe, sondern auch wissenschaftliche: Der Organismus von Tieren, die stark belastet sind, gerät durcheinander. Dadurch können die Ergebnisse eines Versuchs verfälscht werden. Die Forscherin oder der Forscher kann aus einem solchen Versuch die falschen Schlüsse ziehen.
Beim Refinement geht es zum Beispiel um die Anwendung von sterilen Operationsmethoden, die korrekte Gabe von schmerzstillenden Mitteln oder um einen möglichst stressfreien Umgang mit den Tieren während des Versuchs – aber nicht ausschliesslich: Denn nicht nur der Versuch an sich belastet die Tiere, sondern auch die Art der Tierhaltung. Stark belastet sind Tiere, welche aus der freien Wildbahn stammen und für Tierversuche verwendet werden. Deshalb werden heute fast ausschliesslich gezüchtete Tiere verwendet. Belastend ist aber auch ein liebloser Umgang mit den Tieren, fehlende Einrichtung des Käfigs und soziale Vereinsamung.
Beispiel Refine
Anreicherung: Wenn die Box mehr als nur Einstreu enthält
Labormäuse und -ratten verbringen ihr Leben im Käfig. Verschiedene Studien belegen, dass Nager, die in leeren Laborkäfigen gehalten werden, in ihrer Gehirnentwicklung beeinträchtigt sind, sie zeigen Verhaltensstörungen und sind ängstlich.
Um dies zu verhindern, können die Käfige angereichert werden, das bedeutet, dass die Käfige zum Beispiel mit Häuschen, Papierschnitzel, Holzstückchen und Klettermöglichkeiten ausgestattet werden. Denn Mäuse und Ratten wollen ihre Umgebung erkunden, Nester bauen und bei Gefahr einen Unterschlupf aufsuchen. Verschiedene Studien haben gezeigt, dass die Nager diese Möglichkeiten auch tatsächlich nutzen und dadurch weniger ängstlich werden und weniger Verhaltensstörungen entwickeln.
Kritik an 3R
Gewisse Tierschützer bezeichnen 3R als Augenwischerei. Dass die Zahl der Tierversuche
in den vergangenen Jahren abgenommen habe, sei nicht das Verdienst von 3R. Die Tierversuche seien ganz einfach ins Ausland auslagert worden; vor allem in Länder, in denen nicht die gleichen strengen Standards im Bereich Tierversuche herrschen wie hierzulande.
Andere bemängeln die fehlende Umsetzung im Bereich 3R: Zwar gebe es heute tolle Methoden, um einen Tierversuch zu ersetzen, aber sie würden von den Forschenden nicht angewendet. Die Bereitschaft der Grundlagenforscher, auf alternative Möglichkeiten umzusteigen, sei eher gering. Oft seien Tierversuchsleiter zudem nicht mit den entsprechenden Methoden vertraut. So ist das Know-how, um sogenannte rekombinante Antikörper (siehe Kapitel monoklonale Antikörper) völlig ohne Tiere herzustellen zwar vorhanden. Das Problem ist wissenschaftlich gelöst. Doch im Laboralltag wird die Methode noch längst nicht überall auf der Welt angewendet.
In vielen Ländern sind mittlerweile 3R-Zentren entstanden, die in den meisten Fällen vom Staat, den Universitäten und der Industrie getragen werden. In der Schweiz haben sich Exponenten aus Tierschutz, Wissenschaft, Industrie, Behörden und Politik 1987 in der Stiftung Forschung 3R gefunden, welche im Frühling 2018 durch ein nationales 3RCC Kompetenzzentrum abgelöst wurde.