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Wie ein neues Medikament entsteht

Bis ein neues Medikament entwickelt ist und auf den Markt kommt, braucht es eine zündende Idee der Forscher und viel Ausdauer. Zehn und mehr Jahre vergehen bis das Medikament entwickelt ist und vom Patienten genutzt werden kann.

Wissen Sie, wieviele Jahre es im Durchschnitt dauert, bis ein Medikament entwickelt ist und auf den Markt kommt?

Antwort:
a) 4 Jahre
b) 7 Jahre
c) 12 Jahre
d) 14 Jahre

1. Ein langer Weg

Die Entwicklung eines neuen Medikaments ist eine wahrlich herkulische Aufgabe: Meist sind daran hunderte von Forscherinnen und Forschern beteiligt, der ganze Weg – von der ersten Idee bis zum fertigen Medikament – dauert im Durchschnitt zwölf Jahre und verschlingt oft über eine Milliarde Franken. Aber auch der Lohn ist immens: Ein wirksames Medikament kann im allerbesten Fall Millionen von Menschenleben retten (z.B. Penicillin und andere Antibiotika, aber auch Impfungen) und der Firma viel Geld einbringen. Die gemessen am Umsatz erfolgreichsten Medikamente, so genannte Blockbuster, erzielen einen Umsatz von 1 Milliarde Dollar und mehr pro Jahr.

Am Anfang eines jeden Medikaments steht eine Idee einer Forscherin oder eines Forschers oder eine Zufallsentdeckung. Oft, aber bei weitem nicht immer, kommen diese Ideen aus der Grundlagenforschung. Tausende Forschende suchen an Schweizer Universitäten und in forschenden pharmazeutischen Firmen nach den grundlegenden Prozessen der Krankheitsentstehung (Forschung). Forscherinnen und Forscher in den Firmen entwickeln diese Ideen weiter und überprüfen sie in der Praxis, um daraus ein Medikament zu machen (Entwicklung).

Am Anfang jedes Medikaments stehen die Ideen von Forschenden.

Der erste Schritt der Medikamentenentwicklung ist die Entdeckung eines Zielmoleküls (Target). Ein Target ist zum Beispiel ein Protein, bei dem Forschende vermuten, dass es an der Entstehung von Krebs beteiligt ist. Solche Targets können genutzt werden: Werden sie blockiert oder stimuliert, so die Hoffnung, lässt sich die Krankheit lindern oder gar heilen. Der menschliche Körper ist jedoch äusserst komplex und an der Entstehung der meisten Volkskrankheiten sind viele verschiedene Moleküle beteiligt. Nur in seltenen Fällen lässt sich durch das Drehen an einem einzelnen «Rädchen» die ganze Krankheit heilen. Eine wichtige Hilfe bei der Medikamentenentwicklung stellt das menschliche Genom dar, denn aus den genetischen Informationen ergeben sich viele Hinweise auf das Zusammenspiel der Biomoleküle im Körper (siehe Kapitel Gentechnik).

Ist ein Target identifiziert, gilt es Substanzen zu finden, die dessen Wirkungsweise beeinflussen. Dazu haben Pharmafirmen riesige Bibliotheken entwickelt, die Millionen von Substanzen enthalten. Diese Substanzen werden einzeln mit dem Target zusammengebracht. Der Vorgang heisst «High-Throughput-Screening» und wird massgeblich von Robotern durchgeführt. Diese schaffen derzeit bis zu 300’000 Tests pro Tag. Eine erkennbare Veränderung (z.B. Färbung der Mischung) deutet daraufhin, dass die Substanz sich tatsächlich an das Target angelagert hat. Diejenigen Substanzen, die zumindest eine schwache Wirkung zeigen, werden genauer untersucht und danach über mehrere Schritte verbessert. Denn meist sind die ursprünglichen Substanzen als Medikament noch ungeeignet. Zum Beispiel, weil sie vom Körper zu rasch abgebaut oder zu schlecht aufgenommen werden. Bei der Auswahl aussichtsreicher Substanzkandidaten helfen Computerprogramme. Im Durchschnitt werden von ursprünglich 5’000 bis 10’000 untersuchten pharmakologisch wirkenden Stoffen (Wirksubstanzen) nur gerade 20 weiterentwickelt.

High-Throughput-Screening wird benötigt, um Wirkstoffe zu finden.