2. Alles normal – oder schon zu viel? Psychische Probleme bei Jugendlichen erkennen
In der Pubertät verändert sich vieles, auch die Beziehung zu den Eltern oder zu Freunden. Ängste, Trauer, Wut gehören in dieser Phase dazu. Aber welche Veränderungen sind «normal» – und wann sollte man genauer hinschauen?
Wir haben gesehen: Psychische Belastungen sind unter Jugendlichen weit verbreitet. Es ist zentral, solche Probleme früh zu erkennen – denn Symptome einer psychischen Belastung wie einer Depression können sich unbehandelt verstärken. Ein zusätzliches Problem ist, dass ohne Behandlung weitere Krankheiten – zum Beispiel Angst- oder Panikstörungen – dazukommen können. Symptome einer psychischen Belastung sind zum Beispiel: Traurigkeit, Antriebslosigkeit, sozialer Rückzug, Suizidgedanken, Aggressivität. Auch können körperliche Beschwerden wie Bauch- oder Kopfschmerzen dazukommen, denen keine spezifische Ursache zugeordnet werden kann.
Wie ist psychische Gesundheit definiert?
Die WHO beschreibt psychische Gesundheit als «Zustand des Wohlbefindens, in dem eine Person ihre Fähigkeiten ausschöpfen, die normalen Lebensbelastungen bewältigen, produktiv arbeiten und einen Beitrag zu ihrer Gemeinschaft leisten kann.»1
Normales Verhalten von Teenagern vs. ernstzunehmende Erkrankung
Oftmals ist es für das soziale Umfeld – zum Beispiel für Eltern oder Freunde – schwierig, zu erkennen, ob tatsächlich eine Depression vorliegt oder es sich um normale Symptome der Pubertät handelt. Denn die Pubertät ist geprägt von Identitätssuche, hormonellen Veränderungen und dadurch vermehrten Stimmungsschwankungen. Das Gehirn verändert sich in der Pubertät – wie auch soziale Beziehungen und die Gefühlswelt.
Eine psychische Erkrankung könnte vorliegen, wenn mehrere Symptome gleichzeitig über einen längeren Zeitraum (länger als zwei Wochen) auftreten – insbesondere dann, wenn sich die Jugendlichen von ihrem Freundeskreis zurückziehen oder wenn die schulische Leistung, der Schlaf, Appetit oder die sozialen Beziehungen beeinträchtigt sind.
Dabei sollte der gesamte Alltag berücksichtigt werden: Ziehen sich Jugendliche nur von ihren Eltern zurück und pflegen weiterhin Freundschaften und Hobbys, ist dies nicht unbedingt besorgniserregend. Gemäss Fachpersonen könnte ein psychisches Problem hingegen vorliegen, wenn die Jugendlichen plötzlich sämtliche Beziehungen und Hobbys vernachlässigen und/oder ein Suchtverhalten zeigen.
Risikofaktoren für Depressionen bei Jugendlichen
Obwohl Depressionen und psychische Belastungen bei allen Menschen und in allen Lebenssituationen auftreten können, sind manche Jugendliche aufgrund von bestimmten Risikofaktoren stärker gefährdet. Gemäss aktuellem Forschungsstand können folgende Risikofaktoren zur Entstehung von psychischen Problemen beitragen:
- schwere psychische Erkrankungen in der Familie
- traumatische Erfahrungen in der Kindheit
- familiäre Belastung (etwa durch Armut)
- Trennung der Eltern
- Vorerkrankungen (zum Beispiel ADHS)
- das Gefühl, nicht dazuzugehören (weil sich Jugendliche beispielsweise als queer wahrnehmen)
- der Tod von engen Bezugspersonen
- ein Umzug an einen anderen Ort
- die Trennung bei ersten Liebesbeziehungen
- Mobbing
- hoher Leistungs- und Erfolgsdruck in der Schule oder Ausbildung
- World Health Organization. Promoting Mental Health – concepts, emerging evidence, practice, 2004. ↩︎