3. Resilienz stärken – psychische Belastungen reduzieren
Weil junge Menschen in der Pubertät wichtige Entwicklungsschritte durchlaufen, ist es zentral, psychische Probleme rechtzeitig zu definieren und rasch zu behandeln. Tritt eine Belastung auf, gilt es, die Situation zunächst durch Gespräche zu verbessern, etwa mit Schulsozialarbeitenden oder Vertrauenspersonen. Auch das Vermitteln von Bewältigungsstrategien kann hilfreich sein.
Die Pubertät ist eine besonders vulnerable Lebensphase, denn in der Pubertät stehen einige Meilensteine an: Die Entwicklung der eigenen Identität, der Aufbau sozialer Beziehungen, das Erreichen von schulischen oder beruflichen Zielen und schliesslich das Erlangen von Autonomie und finanzieller Unabhängigkeit. Treten während dieser Phase psychische Belastungen auf, kann das Erreichen dieser Meilensteine eine Herausforderung sein.
Gespräche, die Unterstützung durch das soziale Umfeld oder die Stärkung der Resilienz können dabei unterstützend wirken. Resilienz bedeutet Widerstandsfähigkeit, um schwierige Umstände physisch und psychisch gesund meistern zu können. Bei akuten Problemen kann zudem eine psychologische Beratung oder Therapie aufgegleist werden.
75 % der psychischen Erkrankungen treten vor dem 25. Lebensjahr erstmalig auf.1
Ressourcen und Bewältigungsstrategien
Nicht alle einschneidenden Ereignisse führen zu einer psychischen Erkrankung. Umgekehrt hängt die Entwicklung von Depressionen nicht nur von einzelnen Risikofaktoren ab (siehe Kapitel 2), sondern auch von den Ressourcen der Jugendlichen – sogenannten Schutzfaktoren. Ausserdem können Bewältigungsstrategien dabei helfen, mit Belastungen umzugehen. Hier nehmen unter anderem Eltern eine wichtige Vorbildfunktion ein, indem sie ihren Kindern vorleben, dass Probleme und unangenehme Themen Platz haben und Konflikte angesprochen werden.
Folgende Schutzfaktoren können das psychische Wohlbefinden unterstützen:
- positive Selbstwahrnehmung
- stabile emotionale Beziehungen
- ein enger familiärer Zusammenhalt
- ein stabiles schulisches Umfeld
- Freundschaften
- eine gesunde Ernährung
Medienkompetenz vermitteln
Die psychische Gesundheit von Jugendlichen kann auch gezielt gefördert werden. Zum Beispiel, indem sie einen verantwortungsvollen Umgang mit sozialen Medien lernen und befähigt werden, digitale Inhalte kritisch zu reflektieren. Eine solche Stärkung der Medienkompetenz kann zum Beispiel in der Schule oder durch die Eltern thematisiert werden.
Mentale Gesundheit stärken
Die Resilienz von Kindern und Jugendlichen ist zentral, damit sie einen gesunden Umgang mit Stress, Misserfolgen oder Unsicherheiten entwickeln. Um Resilienz beispielsweise im Rahmen des Schulalltags zu vermitteln, gibt es verschiedene Programme und Hilfsmittel (siehe Box). Darüber hinaus können Musik, kreative Aktivitäten oder Bewegung das psychische Wohlbefinden fördern.
Angebote zur Stärkung der Resilienz…
…für Jugendliche:
- www.feel-ok.ch ist eine von der Schweizerischen Gesundheitsstiftung RADIX betriebene, werbefreie Online-Plattform, die Jugendlichen Informationen und interaktive Tools zu Themen wie psychische Gesundheit, Sucht oder Stressbewältigung bietet.
- Das Online-Programm www.du-bist-du.ch fördert die psychische und physische Gesundheit von jungen LGBT+-Personen und von Jugendlichen, die sich ihrer sexuellen Orientierung oder Geschlechtsidentität nicht sicher sind.
- Die Plattform 147.ch von Pro Juventute steht Jugendlichen kostenlos und vertraulich über Telefon, WhatsApp oder E-Mail zur Verfügung und informiert sie auf ihrer Webseite zum Thema psychische Gesundheit.
- Die Online-Plattform «Wie geht’s dir?» stärkt das Bewusstsein der Jugendlichen für psychische Gesundheit, fördert den offenen Dialog und trägt somit zur Entstigmatisierung psychischer Erkrankungen bei.
…für Lehrpersonen und Eltern:
- das Programm «Mind Matters» für Lehrpersonen ist ein wissenschaftlich begleitetes und in der Praxis erprobtes Programm zur Förderung der sozial-emotionalen Kompetenzen von Schülerinnen und Schüler von RADIX.
- Das Programm «fit4future», eine nationale Initiative in Zusammenarbeit mit Eltern und Lehrpersonen, motiviert Kinder etwa spielerisch zu mehr Bewegung, sensibilisiert sie für eine ausgewogene Ernährung und fördert damit die mentale Gesundheit.
- Die Plattform «Jugend und Medien» des Bundes unterstützt Eltern und Lehrpersonen dabei, den Jugendlichen Medienkompetenz zu vermitteln.
- klicksafe, eine Initiative der EU, unterstützt Lehrpersonen, Eltern sowie Multiplikatorinnen und Multiplikatoren dabei, die Internetkompetenzen von jungen Menschen zu fördern.
Interventionen bei psychischen Belastungen
Wird eine psychische Belastung identifiziert, können zunächst niederschwellige Angebote zur Anwendung kommen, zum Beispiel durch die Schulsozialarbeit oder Online-Beratungsangebote (siehe Box oben). Um rasch längerfristige Unterstützung zu ermöglichen, braucht es ausserdem genügend Therapieplätze – und einen unkomplizierten Zugang dazu. Vor allem in der Kinder- und Jugendpsychiatrie sind ambulante Therapieplätze zentral. Auch Aufklärungsarbeit, welche die Nutzung von psychologischer Unterstützung entstigmatisiert, ist wichtig. Und der Zugang zu Psychotherapie kann durch sogenannte «Home Treatment»-Modelle gestärkt werden: In verschiedenen Kantonen behandeln Psychiaterinnen und Psychiater Jugendliche bei ihnen zu Hause. Dadurch werden die stationäre und ambulante Versorgung entlastet und die interprofessionellen Teams können eine niederschwellige Betreuung im gewohnten Umfeld anbieten. Auch Schulpsychologinnen und -psychologen oder psychologische Beratung an Schulen können das knappe Angebot an Therapieplätzen ergänzen.