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Zwischen Likes und Leistungsdruck: psychische Gesundheit von Jugendlichen in der Schweiz

Junge Menschen befinden sich in einer Phase der Veränderungen – körperlich, emotional und sozial. Während sie auf Social Media grossem Vergleichsdruck ausgesetzt sind, leben sie gleichzeitig in einer Welt, die von Unsicherheiten geprägt ist: Kriege, Klimawandel und gesellschaftliche Veränderungen belasten sie zunehmend. Wie steht es um die psychische Gesundheit von Jugendlichen in der Schweiz?

4. Medikamentöse Ansätze

Führen die in Kapitel 3 beschriebenen Ansätze nicht zu einer Verbesserung der Situation, können auch Medikamente zur Anwendung kommen. In der Schweiz sind bisher nur wenige Wirkstoffe für Kinder und Jugendliche zugelassen, die psychische Belastungen lindern, etwa bei ADHS.

Medikamentöse Therapien für Jugendliche mit psychischen Erkrankungen werden in der Regel nur dann eingesetzt, wenn nicht-medikamentöse Ansätze wie Psychotherapie nicht ausreichen oder in Kombination mit solchen Ansätzen. Die Wahl der Medikamente hängt von der spezifischen Diagnose, der Schwere der Erkrankung sowie dem Alter der Jugendlichen ab.

Stimulanzien gegen ADHS
Die Aufmerksamkeits-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS) ist eine neurobiologische Entwicklungsstörung, die sich in Unaufmerksamkeit und/oder Hyperaktivität und Impulsivität der Betroffenen äussert. Um mit ADHS umzugehen, helfen verschiedene Ansätze: Verhaltenstherapie, psychotherapeutische oder psychosoziale Interventionen oder eine medikamentöse Therapie. Üblicherweise handelt es sich um eine Kombination dieser Ansätze, die dem Kind oder der jugendlichen Person die benötigte Unterstützung gibt – sie ist je nach Symptomen individuell auf die Betroffenen abgestimmt. Bei ADHS können für Kinder ab sechs Jahren Methylphenidat verschrieben werden. Der Wirkstoff hilft dem Gehirn, bestimmte Botenstoffe – vor allem Dopamin – besser zu nutzen. So können sie Wichtiges von Unwichtigem unterscheiden und sich besser auf bestimmte Dinge fokussieren. ADHS wird dabei nicht geheilt, kann aber in bestimmten Fällen den Alltag, etwa das Lernen in der Schule, stark erleichtern.

Depressionen medikamentös behandeln
In der Schweiz sind aufgrund der hohen Hürden für eine Zulassung in dieser Altersgruppe aktuell keine Antidepressiva für die Behandlung von Depressionen bei Kindern und Jugendlichen zugelassen. Bestimmte Produkte können jedoch «off-label» eingesetzt werden. Das heisst, die Wirkstoffe werden ausserhalb der offiziellen Zulassung verschrieben. Die behandelnden Ärztinnen und Ärzte entscheiden dann aufgrund der Schwere der Symptome und anderen Faktoren, ob sie das Medikament trotzdem unter ärztlicher Aufsicht verabreichen. Neben Depressionen können in der Schweiz auch Angststörungen und Schizophrenie bei Kindern nur «off-label» mit Medikamenten behandelt werden, da in der Schweiz keine entsprechenden Arzneimittel für Kinder und Jugendliche zugelassen sind.

Bei Depressionen werden zum Beispiel bestimmte Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (SSRI) häufig «off-label» eingesetzt. SSRI wirken bei Kindern und Jugendlichen ähnlich wie bei Erwachsenen: Sie erhöhen die Verfügbarkeit von Serotonin im Gehirn. Serotonin ist ein sogenannter Glücksbotenstoff, der stark mit der Stimmung, dem Antrieb und dem emotionalen Gleichgewicht zusammenhängt. Die SSRI sorgen dafür, dass dieser Glücksbotenstoff länger im Gehirn aktiv bleibt und sich die Stimmung nach und nach verbessert. Meist dauert es aber einige Wochen, bis sich eine Wirkung bemerkbar macht – etwa weniger Traurigkeit oder Hoffnungslosigkeit, mehr Energie, besserer Schlaf, mehr Appetit oder bessere Konzentration.